Bedeutung des „Roten Lotos“

 

Die Lotos-Blume ist seit der frühesten Antike mit der Geschichte, Kultur und Religion, der alten Literatur, der Kunst und dem Handwerk im gesamten asiatischen Raum verbunden.

Sowohl im Hinduismus, wie auch im Buddhismus und im Daoismus wird sie als die edelste, reinste und heiligste Blume betrachtet. – Eine ausführliche Betrachtung haben wir hier zum Lotos erstellt.

In der hinduistischen Religion sind alle drei brahmanischen Gottheiten, Brahma (ब्रह्मा – der Schöpfer), Vishnu (विष्णु – der Beschützer, Hüter & Bewahrer bzw. Erhalter) und Shiva (शिव – der Zerstörer) mit dem roten Lotos verbunden.

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Drei der vier Arme von Vishnu (विष्णु) halten ein Schneckenhorn (Shankha – symbolisiert den kosmischen Klang und damit die gesamte Energie des Universums), das Feuer-Rad (Sudarshan-Chakra – Rad der Zeit) und die Keule bzw. den Streitkolben (Gada – symbolisiert als Machtinsignier die Zerschlagung der Wolken der Unwissenheit, um das Licht der Erkenntnis zu bringen), während der vierte mit der zur Segensgeste erhobenen Hand (Abhaya Mudra) einen roten Lotos hält (Padma – manchmal wird der Lotos nur als Zeichnung in der Handinnenseite sichtbar), der das Symbol des geschaffenen Universums ist. Die vier Attribute symbolisieren jeweils das Gleichgewicht zwischen der Schöpfung (Schneckenhorn und Lotosblüte) und der Zerstörung (Feuer-Rad und Keule) bzw. zwischen dem Feinstofflichem (Feuer-Rad und Schneckenhorn) und dem Grobstofflichem (Keule und Lotosblüte).

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Der Brahmana-Teil der Taittiriya-Upanishada (hinduistische Schriften um 800 v.Chr.) beschreibt, daß der rote Lotos mit dem Ur-Schöpfer Prajapati (प्रजापति / Brahma – ब्रह्मा) in kosmogonischen Mythen assoziiert ist.

Als Brahma (ब्रह्मा) an der Seite des Abwassers saß, sah er ein einsames Lotosblatt, das in den umlaufenden Gewässern schwamm und dachte, es müsse auf etwas gestellt werden.
So verwandelte er sich in die Form eines Ebers, tauchte in das Abwasser ein und fand festen Grund. Von diesem brach ein großes Stück ab, brachte es an die Oberfläche des Wassers und breitete es auf das Lotosblatt aus, und das war der Anfang der Entstehung der Erde.

Ein anderer hinduistischer Schöpfungsmythos besagt, daß aus dem Nabel von Vishnu ein Lotus entsprungen ist, und dieser Lotus war Lakshmi, die Gefährtin von Vishnu. Aus dieser Lakshmi heraus, also aus ihrem Lotos (symbolisch für die Vagina), kam Brahma, der Schöpfer. Brahma saß auf dem Lotus und schuf sodann die Welt.

In vielen alten Legenden wird gesagt, daß der Lotus das Material der Schöpfung ist, bzw. die Energie der Schöpfung. Und aus diesem Material, also der Energie der Schöpfung, hat Brahma alles geschaffen.

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Der rote Lotos ist insbesondere das Symbol der Göttinnen Lakshmi (लक्ष्मी – die Gefährtin von Vishnu und die Göttin der Liebe, der Fruchtbarkeit, der Schönheit, des Wohlstandes und des Überflusses) und Gayatri (गायत्री – die zweite Gefährtin von Brahma und die Göttin der Weisheit und der Kunst) und bildet ihren göttlichen Sitz. Beide Göttinnen sitzen auf einem weit geöffneten Lotos und halten zudem eine roten Lotos jeweils in ihrer Hand.

Auch Parvati (पार्वती – die Gefährtin von Shiva und Mutter-Göttin, die für den Doppelaspekt von Erhaltung und Zerstörung steht) hat in einigen Darstellungen oft vier Hände, von denen zwei Hände jeweils eine rote und eine blaue geschlossene Lotosblüte halten, während die beiden anderen Hände die Gnade-gewährende Handgeste Varada-Mudra, sowie die Schutz-gewährende Abhaya-Mudra zeigen.

Parvati symbolisiert hier durch den roten Lotos (Yang) die Sexualität und die reine selbstlose Liebe und durch den blauen Lotos (Yin) das höchste Wissen. Beide Bereiche sind ebenbürtig in ihrer Wichtigkeit und beide stellen die Polarität der ganzheitlichen Vollkommenheit, des Da Dao (大道), dar.

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Alle Götter und Göttinnen des Hinduismus (Brahma, Vishnu, Shiva, Lakshmi, Devi, Saraswati, Parvati, Durga, Rama und Surya), Brahmanismus, Buddhismus (Buddhas und Bodhisattvas) und Jainismus (Mahavir und andere) sind mit dem heiligen Lotos verbunden. Sie werden auf dem göttlichen Lotus sitzend dargestellt oder halten einen Lotus in der Hand halten.

Der Lotos wächst im schlammigen Gebiet. Schlamm besteht aus Ansammlungen fauliger und stinkender organischer Abfälle.
Er erhebt sich aus dem stinkendem Schlamm zur Wasseroberfläche und tritt zu einer wunderschönen weitgeöffneten Blüte hervor.
Aufgrund seiner außergewöhnlichen Fähigkeit, Schmutz von sich zu weisen, symbolisiert der Lotos höchste Reinheit, Unberühtheit, Liebe, Sexualität, Fruchtbarkeit, Schöpferkraft, Gutherzigkeit, Entfaltung, Erleuchtung, Vollkommenheit, Göttlichkeit, Kostbarkeit, Treue, Wiedergeburt, Auferstehung, Schönheit der Augen und des Gesichtes, Duft, Kühle und Wohlstand (die Fülle wird hier nicht auf weltlichen materiellen, sondern auf geistigen Wohlstand bezogen).
In der klassischen Literatur vieler asiatischer Kulturen ist der Lotos in figurativer Form dargestellt und repräsentiert Eleganz, Schönheit, Perfektion, Reinheit und Gnade, die oft in Gedichten und Liedern als Allegorie für ideale weibliche Attribute verwendet wird.

Obgleich der Lotos selbst für das weibliche Prinzip steht, für die Nachht und für die Erd-Verbundenheit, so wird wiederum innerhalb der Lotos-Gruppen insbesondere zwischen dem blauen, dem rotem und dem weißen Lotos unterschieden. Am Beispiel von Parvati wurden der blaue und der rote Lotos bereits erklärt. Der weiße Lotos hingegen steht für universelle Erleuchtung, denn die Farbe weiß ist keine echte Farbe. Sie besteht vielmehr aus den 7 Regenbogenfarben, die den 7 Chakren zugeordnet sind und sie zeichnet so lediglich die Gesamtheit innerhalb aller Aspekte auf. Alle Chakren werden auch häufig als Lotosblüten bezeichnet, die geschlossen sind und sich in ihrer vollen Blüte erst entfalten müssen.

Der rote Lotos jedoch bildet das Fundament, ohne das kein Hausbau bzw. kein Aufbau möglich ist. Er symbolisiert das unterste Energie-Zentrum unseres Körpers, das Wurzel-Chakra (Muladhara), und ist die Grundlage der Spiritualität. Er steht für die Energie der Schöpfung, die heilige kreative Sexual-Energie. Daher symbolisiert er auch die Vagina. Er steht gewisserweise für die schöpferische Sexual-Energie des Brahman, aus dem Brahma, Vishnu und alle anderen Götter letztlich hervorgingen.
Durch seine Yang-Zugehörigkeit bildet der rote Lotos den Vater-Aspekt und steht für Festigkeit, Bodenständigkeit, Bewegung, Lebendigkeit, pure Sexualität, Ausdauer, Mut, aber besonders für die göttliche reine und selbstlose Liebe. In ihm liegt die Quelle unser Möglichkeiten, die schlafende Kundalini-Schlange, unsere Sexual-Energie, die erweckt werden muß, um alle Energie-Zentren miteinander verschmelzen zu können. Ohne diese Kundalini-Energie ist keine Verbindung zwischen den einzelnen Chakren möglich.

Der blaue Lotos hingegen bildet durch seine Yin-Zugehörig den Mutter-Aspekt und steht für Wissen, Klarheit, Struktur, Verstehen, Rationale, Ruhe, Gelassenheit, besonders aber für pure Intelligenz. Er steht für das universelle Schöpfungs-Bewußtsein des Brahman und symbolisiert das höchste der 6 Körper-Chakren, das Dritte-Auge-Chakra (Ajna), und steht für klares Erkennen aller Zusammenhänge, für das wahre Sehen mittels unseres geistigen Auges, dem dritten Auge.

Sowohl der rote als auch der blaue Lotos sind gleich wichtig, um die pure rationale Intelligenz mit der selbstlosen Liebe zu verbinden!

 

 

Im Mahayana-Buddhismus („Großes Fahrzeug“) gehört die Linie des „Roten Lotos“ (Ragin Padma – रागिन् पद्मा / Hong Lian Hua – 红莲花) zur westlichen „Roten Lotos-Abteilung“, dem Padmayana („Lotos-Fahrzeug“) und wird damit zum Vajrayana („Unzerstörbares Diamant-Fahrzeug“) bzw. zum Tantrayana („Tantra-Fahrzeug“) gezählt.

Zur westlichen „Roten Lotos-Abteilung“, dem Padmayana („Lotos-Fahrzeug“) gehören alle Buddhas (बुद्ध), Bodhisattvas (बोधिसत्त्व), Ārya (अर्य), die den Weg der völligen selbstlosen Liebe voller Mitgefühl gehen, frei von Anhaftung sind und uns Menschen die effektivste Methode aufzeigen, nämlich der außergewöhnliche Vereinigung mittels der sexuellen Schöpfungs-Energie, die uns Menschen zur großen End-Erleuchtung bringt.

 

 

 

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